Das Projekt

Schönheit – was ist das eigentlich? In erster Linie könnte man sagen: Wissen. Wissen darüber, was zum Hauttyp und zur Gesichtsform, zur Augen- und Haarfarbe, zu Schuhen und Tasche, zum Alter und Körperbau, zur Tageszeit und zum Anlass passt, was „adäquat“ ist. Aber diese Vorstellung, was genau richtig ist, hat eine eigene Geschichte. Ich untersuche, ob es eine DDR-spezifische oder eine sozialistische Schönheitskultur gab und wenn ja, welchen Idealen sie folgte. 

Alles grau und gleichförmig? Das Bild, das viele Menschen heute von der DDR haben, lässt die Frage nach Schönheit fast absurd erscheinen. Doch vor allem Frauen investierten damals nicht wenig Zeit in ein attraktives und modisches Äußeres. Das Streben nach Schönheit wurde auch nicht als Eitelkeit oder Hang zum Luxus kritisiert. Stattdessen diskutierten Expertinnen und Experten ab den 1950er-Jahren  über die politische und soziale Bedeutung vor allem von weiblicher Attraktivität.

„In unserem Staat stehen der Frau alle Wege offen. Aber sie muß sie auch beschreiten, muß ihre Rechte wahrnehmen, muß die Stellen besetzen, die ihr in der kapitalistischen Zeit vorenthalten waren. Das erfordert nicht nur eine gewandelte innere Einstellung, sondern zugleich eine sorgfältige Pflege des Körpers, der äußeren Erscheinung“, war in dem 1959 veröffentlichten Ratgeber Kleine Kosmetik zu lesen. 

Ein gepflegtes Aussehen galt als Beweis für die Errungenschaften des Sozialismus. Schönheit sollte in der neuen, sozialistischen Gesellschaft kein Privileg mehr sein. Sie blieb es aber. Denn wer Wert auf ein modisches Äußeres legte, musste über die nötigen Ressourcen verfügen – über ein gutes Einkommen und/oder Kontakte, über West- Verwandtschaft und/oder Westgeld, über Zeit und Kreativität. 

Diese Beobachtungen aufgreifend, fragt mein Projekt nach den politischen, wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Faktoren, die Schönheitsideale und -praktiken in der DDR prägten. 
Was verstehe ich unter "Schönheitshandeln"? Alles, was man gemacht hat, um sich zu pflegen und "schick" zu machen – von der Gesichts-, Haar- und Körperpflege über die Wahl der Kleidung bis hin zur Arbeit am eigenen Körper mittels Sport, Diät oder auch Chirurgie.

Zum einen interessiert mich, welche Vorstellungen von Schönheit zu welchem Zeitpunkt wie vermittelt wurden. Hierfür analysiere ich Archiv-Akten, Zeitungen und Zeitschriften, Ratgeberliteratur und Sendungen in Funk und Fernsehen. Zum anderen spreche ich mit Zeitzeuginnen und Zeitzeugen, um zu erfahren, welche Rolle die Schönheit in ihrem Alltag spielte. 

Sie möchten mehr über meine Arbeit wissen? Lesen Sie einen ersten Artikel zum Thema im Deutschland Archiv